Farbgenetik

Nachdem wir nun die notwendigsten Begriffe gelernt haben, wollen wir uns in diesem Abschnitt mit den einzelnen Genen beschäftigen. Wir können uns erinnern, dass die einzelnen Gene mit Buchstaben gekennzeichnet werden. Gene, die sich dominant vererben werden mit großen Buchstaben, rezessive Gene mit kleinen Buchstaben gekennzeichnet. Ein dominantes Gen setzt sich gegenüber einem rezessiven Gen durch, d.h. es ist merkmalsbestimmend und setzt sich auch bei Mischerbigkeit (heterozygot) durch. Das rezessive Gen dagegen muss, um merkmalsbestimmend werden zu können, reinerbig (homozygot) vorhanden sein. Dies bedeutet, wenn auch nur von einem Elternteil ein dominantes Gen vererbt wird, wird auch das Kitten dieses Merkmal zeigen. Bei rezessiven Genen hingegen, müssen diese von beiden Eltern auf das Kitten vererbt werden um dieses Merkmal beim Kitten zu zeigen.

Als Züchter interessieren wir uns zunächst einmal für die Farbgenetik: Welche Farben werden unsere Kitten einmal haben, bzw. welche Farbe muss ein Kater haben, damit eine bestimmte Farbe bei den Kitten fallen kann? Listen wir also zunächst einmal die Farbgene in alphabetischer Reihenfolge auf.

 

 

 

Tabelle der Farbgene:

dominantes Gen Beschreibung rezessives Gen Beschreibung
A Agouti, Wildfarbe Tabby, die Haare sind gebändert in Schwarz und Gelblich-Braun a Non-Agouti, Haare ohne Bänderung, einfarbig
B Schwarz, schwarzes Pigment in den Haaren b Braun, dunkelbraunes Pigment - chocolate
b1 Hellbraun, mittelbraunes Pigment - Cinnamon
C Vollpigmentierung - Vollfarbe, maximale Pigmentierung c Albino, weißes Fell, unpigmentierte (rosa) Iris
ca Albino, weißes Fell, blaue Iris
cb Burmese, dunkel sepiabraunes Pigment
cs Siamese, hell sepiabraunes Pigment, dunkle points, blaue Iris
D Nicht-Verdünnung, dichte Pigmentierung d Farbverdünnung, verdünnte Pigmentierung in den Haaren
dm Nicht-Dilution Modifier, hellt verdünnte Pigmentierung nicht auf
I Silberung Inhibitorgen, unterdrückt Pigmentierung in Teilbereichen der Haare i normale Pigmentierung
I Silberung Inhibitorgen, unterdrückt Pigmentierung in Teilbereichen der Haare i normale Pigmentierung
O Rot, wandelt Schwarz in Rot, geschlechtsgebunden o normale Farbe, kein Rot
S Scheckung, variable weiße Flecken im Fell s normale Farbe, keine weiße Flecken im Fell
W Dominantes Weiß, weißes Fell, blaue Iris, orange oder odd-eyed, maskiert alle Farben, kann zur Taubheit führen. w normale Farbe, volle Ausprägung aller anderen Farben.
Wb Breitband, verbreitert das Agoutiband wb normale Bänderung des Agoutihaars

 

 

 

Eine wichtige Gengruppe fehlt noch in dieser Tabelle, nämlich das Tabby-Gen. Es ist nicht etwa vergessen worden, sondern nimmt eine Sonderstellung ein und wird deshalb an einer späteren Stelle gesondert behandelt. Eigentlich gehört auch das Rot-Gen in eine Sondergruppe, da es sich geschlechtsgebunden vererbt und daher später auch besonders betrachtet wird.

Es fällt in der Tabelle auf, dass es offenbar mehr rezessive Gene als dominante Gene gibt. Dies hat seine Ursache in den Mutationen der Gene. Im laufe der Entwicklungsgeschichte ist es durch zufällige Veränderungen der Gene zu Veränderungen gekommen. Diese, von der Urform abweichenden Gene vererben sich zumeist rezessiv. Doch auch bei den Mutationen gibt es Ausnahmen: So vererbt sich das Inhibitorgen (Silberung), das Rot-Gen, das Scheckungs-Gen und das Dominante Weiß dominant, obwohl auch diese Gene Mutationen sind.

Zur Mutation noch eine Erklärung:

Mutationen kommen überall, bei allen Lebewesen, vor. Sie treten in der Natur im Abstand von mehreren tausend Jahren auf. Mutationen, die alle Jahre auftreten, wie wir sie gerade bei Katzen beobachten können, sind meistens keine natürlichen Mutationen sondern von Züchtern mehr oder weniger bewusst herbeigeführt (Einkreuzungen, übermäßige Inzucht mit kranken Tieren usw.). Nicht selten beginnt die Geschichte einer neuen Rasse deshalb auf irgendwelchen abgelegenen Bauernhöfen, deren Wahrheitsgehalt kaum einer überprüfen kann (Meinung des Autors)!

Der Genetische Farbtopf

Wie wir schon nach dem Studien der Farbgene vermutet haben und wie wir es ja auch von unseren Katzen kennen, kommt es zu vielfältigen "Vermischungen" und "Überlagerungen" der Farbgene. Viele Gene ergänzen und überlagern sich. Solche Fälle nennt man komplementäre Polygenie. Dies sei am Beispiel der Wildfärbung einmal erläutert. Jedes Haar besteht aus schwarzen und hellen Bänder im Wechsel. Die Haarspitze ist schwarz und der Haargrund ist grau. Es wirken 3 Gene an dieser Wildfärbung mit: A ist zuständig für die schwarzen Ringe, B bildet die schwarzen Pigmente aus gelben Vorstufen und C bildet die gelben Vorstufen. Fällt auch nur ein Gen aus, erhalten wir ein völlig anderes Aussehen der Katze. Fehlt z. B. das dominante Gen C, erhalten wir eine weiße Katze (Albino), fehlt dagegen das dominante Gen A, so wird die Katze einfarbig. In diesem Beispiel ist es unerheblich wie das komplette Allel aussieht, da es sich um dominante Gene handelt. Es ist egal ob es sich beim Allel AA für Reinerbigkeit oder um Aa für Mischerbigkeit handelt, die Merkmalsausprägungen sind gleich. Da dies so ist, führen wir an dieser Stelle gleich eine neue Schreibregel ein. Die Beschreibung für unser Beispiel der Wildfärbung lautet dann: A- B- C-. Der Strich ersetzt dabei den zweiten Teil des Allels. An seiner Stelle könnte sowohl ein dominantes Gen stehen als eben auch nicht. So wären z.B. Katzen phänotypisch mit folgenden Allelen identisch, obwohl sie genotypisch unterschiedlich sind: AA BB CC und Aa Bb Cc. Für die äußere Merkmalsbeschreibung ist es somit unerheblich ob das zweite Gen vorhanden ist oder nicht und es wird in der schreib weise ersetzt durch den Strich (-), also A-B-C-.

Merke:

Katzen, deren äußere Merkmalsausprägungen gleich sind, können genotypisch völlig unterschiedlich sein!

Bleiben wir noch einen Augenblick bei unserem Albino, dem ja, wie oben erwähnt, das Gen C fehlt. Das Allel C- sieht bei dem Albino also folgendermaßen aus: cc.

Durch Mutationen sind nun aber folgende Variationen entstanden:

Ca Ca, ein Albino mit blauen Augen

Cb Cb, Fellfarbe und Augen der Burmesen (Burmafaktor)

Cs Cs, Fellfarbe und Augen der Siamkatze (Siamfaktor oder Maskenfaktor)

Ein weiteres Gen beeinflusst unseren Farbtopf: Das Gen D. Fehlt dieses Gen (Nicht-Verdünnung), führt dies zu einer Verdünnung der Pigmentierung der Haare. So wird aus Schwarz Blau, aus Rot Cream, aus Chocolate Lilac und aus Cinnamon Fawn. Der Albino (rote Augen) ist phänotypisch eine weiße Katze bei dem die Pigmentierung fehlt. Nun gibt es weitere genetische Möglichkeiten für den Phänotyp weiß: Das Gen W. Dieses Gen maskiert alle anderen vorhandenen Farben. Man spricht von der Epistasie. Diese Gen beherrscht alle anderen Farbgene. (Das Gen W ist häufig verbunden mit Taubheit!!)

Eine dritte Möglich zu weißen Katzen zu gelangen wollen wir nicht verschweigen: Das Scheckungsgen S. Es kann sich in seinen äußeren Merkmalsprägungen von kleinen weißen Flecken im Haarkleid bis zur völlig weißen Katze auswirken.

Eine weiteres epistatisches Gen ist das Non-Agouti Gen. Es maskiert alle Tabby-Gene und bereichert unseren Farbtopf um einfarbige Katzen. Doch hier haben wir gleich eine weitere Ausnahme: Das Non-Agouti Gen verliert seine epistatische Wirkung beim Orange-Gen O. Auch einfarbig rote Katzen zeigen immer, mehr oder weniger, eine deutliche Tabbyzeichnung. Zu beneiden sind Züchter mit roten und rot gestromten Katzen nicht. Stellen sie ihre Katzen auf einer Katzenausstellung aus, werden ihnen von den Richtern häufig die Farbe geändert, denn nicht jeder Richter ist in der Lage rot und rot-tabby zu unterscheiden. Dies ist leider eine traurige Gewissheit!

Ich denke, dieser Abschnitt wird zunächst einmal für ziemliche Verwirrung sorgen. Wir werden versuchen in den folgenden Abschnitten ein wenig Klarheit in diese Verwirrung zu bringen.